Alle fünf Jahre treffen sich die Bundesdelegierten der IG Metall in einer deutschen Großstadt, um die Weichen für die Gewerkschaftsarbeit der nächsten Zeit zu stellen. Dieser ‚Gewerkschaftstag‘ dauert eine ganz Woche, wird von ca. 2000 Mitgliedern besucht und hat regelmäßig die Spitzen der deutschen Politik zu Gast. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an Inhalte und Produktion der Eröffnungsveranstaltung.
Nachdem wir 2014 erstmals die Ausschreibung für diesen Abend in Frankfurt gewonnen hatten, wurden wir auch 2019 wieder zum Pitch gebeten und konnten den Gewerkschaftsvorstand erneut überzeugen. Allerdings sind wir auch sehr weit ins Experimentelle und Theatrale vorgestoßen und haben für diesen Auftakt drei komplette Neuproduktionen entworfen.
Den akustischen Auftakt machte – als augenbrauenerhobene Hommage an das gastgebende Bundesland Bayern – die Jack Russell’s Halsbänd, Gewinner des SWR-Blechduells und eine der aufgeschlossensten Brassbands Deutschlands. Wir baten die 12 Bläser, die sonst ausschließlich tanzbare Pop- und Rockmusik spielen, für den Einzug in die Halle um einen maximal tschingerassabumhaften bayerischen Traditionsmarsch. Das Publikum reagierte angemessen irritiert, begann aber sofort voll mitzugehen, als die Band, kaum an der Bühne angekommen, dann doch ein Vollgasmedley von Bob Marley bis zu den Ärzten abfeuerte.
Nach der aufrüttelnden Eröffnungsrede von Christiane Benner leitete Moderatorin Linda Zerfakis, schwer erkältet aber heldenhaft konzentriert, über zu einer Hightech-Tanzshow zum Thema ‚Die Gewerkschaft und die Transformation der Arbeitswelt‘. Choreograph Lars Scheibner und die TänzerInnen der Deutschen Tanzkompanie hatten zusammen mit dem Live-Videotracking- und Mappingsystem des Physikers Dr. Marcus Doering eine sechsminütige Inszenierung aus großen Bildern, intensiven Bewegungen, kraftvoller Musik (Ben Lauber!) und atemberaubenden Video-Interaktionen entwickelt, die den Gipfel des derzeit mit Augmented Reality im Tanztheater machbaren abbildete. Video

Es folgte eine halbstündige, erfreulich eloquente Rede von Bundesarbeitsminister Heil und dann der emotionale Höhepunkt jeder Metallertageröffnung: die Ehrung der in den letzten fünf Jahren verstorbenen Gewerkschaftsmitglieder. Der Saal erhob sich und auf der 50m breiten Bühne stand ganz allein in nur zwei Scheinwerfern die Solo-Oboistin der Münchner Philharmoniker, Marie-Lousie Modersohn. Wir hatten Komponist Frank Heckel (schrieb u.a. für Grönemeyer und diverse Tatorte) um eine zeitgenössische Suite für Oboe und Orchester in neun Teilen gebeten und er hat es geschafft, sämtliche Erwartungen zu übertreffen. Zusammen mit der sehr würdevollen Animation der Namen aller Verstorbenen und 50 NachwuchsgewerkschaftlerInnen ergab dies sieben unheimlich intensive Minuten, auf die wir noch lange danach immer wieder angesprochen wurden. Video

Nach weiteren Reden von DGB-Chef Hoffmann (kämpferisch) und Nürnbergs OB Ulrich Maly (äußerst geistreich) machte – erneut und natürlich wieder mit rosa Socken – die Jack Russell’s Halsbänd krachend den Sack zu und leitete über zu Buffet und Networking.

Großer Dank geht an Satis&Fy mit Björn Kowalzig und seinem Team für ganz großes Technikkönnen, an alle Künstler und Künstlerinnen für wundervolles Engagement, an die Steuerungsgruppe und den Vorstand der IG Metall für beeindruckendes Vertrauen und an die Messe Nürnberg für den kostbaren Parkplatz fast auf der Bühne.

Fotos: Frank Rumpenhorst und Matthias Zeckert